Bedeutung und Ursprung des Schäfflertanzes

Laßt neuen Lebensmut uns finden,
nach langen Jahren Schreckenszeit!
Laßt uns durch Straßen, Gassen künden:
Besiegt ist Pest und schlimme Zeit!
Uns Schäffler hat die Pest verschont,
durch unsre Arbeit und den Wein.
Des Fasses Inhalt uns belohnt,
drum schenkt die Gläser fleißig ein!

Der Refrain dieses alten Schäfflerliedes beinhaltet zugleich Bedeutung und Ursprung des Schäfflertanzes. Als im 15. und 16. Jahrhundert der Großteil Europas von der Pest heimgesucht wurde, vernagelten die Bewohner der Städte ihre Häuser mit Brettern und entzündeten Feuer aus den Ästen des Buchsbaumes als Schutz gegen den „Schwarzen Tod“. Im Jahre 1517 fassten die Schäffler aus München all ihren Mut zusammen und gingen als erste wieder hinaus auf die Straßen, um dort mit viel Spaß und Musik zu tanzen und die Mitmenschen anzuregen, wieder neue Lebenskraft zu schöpfen. Die Schäffler waren zudem durch ihre Arbeit mit den desinfizierenden Schwefeldämpfen weitestgehend von der Pest verschont geblieben und so machten sie sich Bögen aus den Ästen des Buchsbaumes, die nicht nur Schutz sondern auch Zusammengehörigkeit demonstrieren sollten.

So brachten die Schäffler zu ihren Tänzen auch „Kasperl“ mit, die zur Belustigung beitrugen und die Tänzer, die damals noch mehr wie heute zu Leisten hatten, mit Speis und Trank versorgten. Die Schäffler bestanden damals aus einem Vorstand, dem Kassier, einem Schäfflermeister, der das „Reifenschwingen“ durchführte, dem bereits erwähnten Kasperl, 16 – 20 Tänzern, einem Wirt, dem Fahnenträger, zwei Fassklopfern und einem Reservetänzer. Als die Leute sich tatsächlich wieder ins Freie begaben und die Schäffler ihr Ziel erreicht hatten, beschlossen sie dieses Brauchtum auch weiterhin zu pflegen und von nun an alle 7 Jahre den Schäfflertanz aufzuführen.


Die Entwicklung des bisherigen Schäfflertanzes

Im Jahr 1924 fuhren der Auber Büttnermeister Georg Geißendörfer und der damalige Bürgermeister Karl Hochgeschwender nach München, um sich dort Notizen über Schritte und Figuren des original Schäfflertanzes aufzuzeichnen. Anhand dieser Notizen wurde der Schäfflertanz mitsamt der Melodie nach Aub übertragen. Doch durch den Krieg gerieten die Figuren in Vergessenheit und zur Wiederaufführung im Jahr 1951 musste ein fast neuer Schäfflertanz ins Leben gerufen werden. Hierzu fuhren die damaligen Betreuer Hans Geißendörfer und Karl Kistner in die Nähe von Marktheidenfeld, wo ebenfalls ein solcher Volkstanz zur Aufführung gebracht wurde. Doch auch durch die folgende Unterbrechung von 1951 bis 1969 gerieten Schritte und Figuren in Vergessenheit, so dass im Jahr 1969 viel Kreativität von Kurt Kistner und Bernhard Hammer bei der Einstudierung des Schäfflertanzes gefragt waren. Die damaligen Trainer setzten sich mit Hans Geißendörfer zusammen um die Schrittfolge zu rekonstruieren. Dabei standen ihnen jedoch nur gelbe Kartons zur Verfügung, auf welchen die Figuren nur schwer erkennbar abgebildet waren. Da dies nicht zu dem gewünschten Ziel führte, erfanden sie kurzerhand einen neuen Schritt und versuchten mit „Mensch-ärgere-dich-nicht“ Figuren den Tanz zu rekonstruieren. Auch eine neue Figur, das so genannte Zahnrad wurde in den Tanz integriert. Dieser Schäfflertanz wurde bis zum Jahre 2003 nach den Originalaufzeichnungen von Kurt Kistner und Bernhard Hammer aufgeführt und stellte sich wie folgt zusammen:

Grundposition:

Auf der rechten Seite stehen die 6 Frauenbögen; voran die Oberschäfflerin. Auf der linken Seite befinden sich die männlichen Schäffler in derselben Konstellation. Zu Beginn der Musik erteilen die Oberschäffler das Zeichen zum Bogenanheben und beginnen mit der Traditionellen Begrüßung.

Die Oberschäfflerin und der Oberschäffler bewegen sich mit zögernden Schritten aufeinander zu. Die Schäfflertänzer folgen ihnen und verneigen auf Zeichen der Oberschäffler die Bögen. Bei einem erneuten Zeichen erheben sich die Laubbogen und die Schäffler bewegen sich zurück zur Ausgangsposition. Die nächste Figur ist die große Krone. Der Oberschäffler und die Oberschäfflerin laufen auf die Mitte der Tanzfläche. Der jeweils hinterste Tanzbogen beginnt und bewegt sich unter den restlichen Bögen auf die Mitte zu. Nach und nach folgen ihnen die Bögen und formieren sich durch die Überkreuzung der Bögen zu einer Krone. Nach einer Rechts- und einer Linksdrehung fangen die Tänzer an sich zur kleinen Krone aufzulösen. Dort bilden die Frauenbögen über der Oberschäfflerin eine Überkreuzung der Bögen, ebenso die Männer über Ihrem Oberschäffler. Nach einer Runde im Uhrzeigersinn und einer Gegenrunde beginnt der Auszug auf die Grundposition.

Anschließend bewegen sich die Oberschäffler auf ein gegenüberliegendes Kreuz zu. Auf Zeichen formieren sich die Schäffler so, dass der innere Tänzer am Oberschäffler entlang und der äußere einen großen Kreis außen herum läuft. Die Frauen- und Männerbögen greifen dabei, wie bei einem Zahnrad ineinander. Nach einer Drehung erfolgt der sofortige Ausmarsch. Die Oberschäffler marschieren mit dem letzten Paar aus.

Nun erfolgt eine Pause in der der Oberschäffler den Reifen mit einem gefüllten Weinglas schwingt, ohne einen Tropfen des kostbaren Getränkes zu verschütten. Darauf folgend bringt er das Glas zu seiner Oberschäfflerin und lädt sie zu einer kleinen, fränkischen Erfrischung ein.

Weiter geht der Tanz nun mit der Rosette. Die Tänzer lösen sich auf in zwei mit den spitzen zusammentreffenden Dreiecken und marschieren auf Ihren Oberschäffler zu. Sie bilden eine Art Stern um den Oberschäffler und auf Zeichen machen Sie einen Schritt nach außen um die Bögen zu senken. Nach einer Runde erfolgt dasselbe noch einmal. Nun lösen sie sich wieder zum Ausmarsch in ihre Dreiecke auf.

Im Anschluss daran kommt die sechste und letzte Figur, der große Reigen. Die Oberschäffler stehen in der Mitte des Platzes beisammen. Im Wechsel stehen ein Mann und eine Frau innen, der Gegenpartner jeweils außen. Auf ein Zeichen heben die Männer Ihre Bögen an und bleiben stehen. Die äußeren Damen gehen nach innen und laufen unter den Bögen der Männer. Nach einer Runde legen die Herren Ihre Bögen auf den Frauenbogen auf und jedes Tanzquartett formiert sich zu einem Kreuz, um gemeinsamen auszumarschieren.


Ein neuer Tanz entsteht

Sicherlich fragen sie sich weshalb der traditionelle Schäfflertanz nach so vielen Jahren verändert wird. An dieser Stelle möchten wir aufzeigen, welche Beweggründe uns zu diesem Entschluss geführt haben. Bereits 1990 nahm der damalige Bürgermeister Herr Bernhard Menth Kontakt zur Forschungsstelle für fränkische Volksmusik der Bezirke Mittel-, Ober- und Unterfranken auf. Anhand einer Video-Aufzeichnung konnte Dr. Horst Steinmetz, gemeinsam mit seinen Kollegen, den Tanz, dessen Choreographie sowie musikalische Begleitung näher betrachten. In einem Schreiben an Bürgermeister Menth gaben sie mehrere kritische Anregungen, die uns sehr sinnvoll erschienen. So bedauerte er unter anderem die Unterbrechung des Tanzes durch musikalische Einlagen der Stadtkapelle und erlebte die choreographische Reihenfolge eher unglücklich. Anlässlich des 80jährigen Jubiläums erschien es uns passend einzelne Anregungen aus diesem Schreiben umzusetzen, sowie eine neue Figur einzubauen.

Der Tanz wird nun wie folgt verändert:

Wie Sie an der Gegenüberstellung erkennen können, geht die Ausführung der Figuren im überarbeiteten Tanz nahtlos ineinander über. Lediglich eine Pause wird vor die letzte Figur gestellt. Diese wird weiter für das Reifenschwingen des Oberschäfflers genutzt.

Da die Schäffler damals mit zögerlichen Schritten aufeinander zugingen, war es uns ein Anliegen, die Große Krone –als Zeichen der Dichte und der Gemeinschaft – etwas nach hinten anzustellen. Die neue Figur - das Windrad – soll das langsame, zaghafte Näher kommen und Aufeinanderzugehen der Männer und Frauen verdeutlichen. Den Großen Reigen haben wir anhand alter Bilder etwas abgeändert. So bilden jeweils 2 Bögen ein „T“ anstelle eines Kreuzes. Die Oberschäffler bewegen sich unter den Bögen hindurch, um dann zum Ende hin im Innenkreis fröhlich zu tanzen. Als Ausdrucksträger der großen Freude, die die Schäffler damals übermannte, wird der Schritt in dieser Figur schneller und sprunghafter durchgeführt. Das i-Tüpfelchen ergibt die von Johannes Wolf überarbeitete musikalische Begleitung des Tanzes.